Frieda hatte nun nur noch die Liebe ihres juengsten Soehnchens, ein zartes, blasses Buebchen. Die zwei waren ein Herz und eine Seele und wohnten zusammen bei Friedas Schwester und unserm Grossvater. Eines Tages wurde Friedas Augapfel schwer krank mit fuchtbaren Schmerzen und hohem Fieber. Er wurde ins Spital gebracht wo man einen geplatzten Blinddarm vorfand. Sein Bett wurde in einen Putzschrank gestellt da Frieda keine Versicherung hatte. Alles Jammern und Klagen Friedas ueber diese Ungerechtigkeit ein todkrankes Kind so zu behandeln fand niergends Ohren. Nach ein paar Tagen starb der Kleine in ihren Armen.
Vater hatte immer Angst dass er seine Familie nicht durchbringen konnte und eine extra Person zu fuettern machte dies fuer ihn noch schlimmer. Frieda wurde darueber selber aengstlich obwohl Vater nie ein unliebes Wort mit ihr wechselte. Aber sie wusste es, fuehlte seine Angst und tat daher etwas merkwuerdiges. Sie versteckte heimlich kleine Brotstuecke unter ihrem Kissen sodass wann sie hungrig war in der Nacht was zu knappern hatte. Diese Brotenden und immer waren es die Enden, wurden mal gefunden von Mutter und sie war boese auf Frieda und sagte sie brauche kein Brot zu stehlen denn sie koenne es zu jeder Zeit haben. Aber was Frieda tat war nur instinktiv. Alles was bei uns ihr Eigen war war ein zerknitterter Koffer und etwa zwei Kleider. Fast nie trug sie jene denn sie ging nie aus. Was sie taeglich trug war eine Art kurzaermlige Uniformschuerze mit einer gewoehnlichen Schuerze davor. Im Winter trug sie ein gestricktes Jaeckchen darueber und dicke Struempfe in ihren schaebigen, hohen Filzschuhen. Diese waren alt aber hatten Halt wie Schuhe doch waren sie weicher und schmerzten ihre Fuesse weniger. Ohne Schuhe zu gehen schmerzte Frieda noch mehr und die heimlichen Brotstuecke waren auch dazu bedacht dass sie nachts nicht aufstehen musste wenn sie Hunger kriegte.
Ob meine Schwester Monika nach Friedas Tochter genannt wurde ist unklar aber unsere eigene Monika wurde Friedas Augapfel. Das Kind schien in Friedas Leben fast alles nachzuholen was Frieda in ihrem Leben verloren hatte. Die zwei waren ein Herz und eine Seele und das Kind fand in dieser siebenundvierzig jaehrigen Frau eine selbstlose Liebe welche in unserer Mutter fehlte. Die zwei aber bauten eine Front durch welche ich nicht durchbrechen konnte. Nachdem ich fuer drei und einhalb Jahre Friedas Liebling war und dann von einem Tag auf den andern beiseite geschoben wurde wie ein alter Schuh nun, das war fuer mich nicht leicht. Ich aergerte mich und Frieda aergerte sich ob meinem Aerger. Wir beide mochten uns nicht mehr. Es besserte nicht und wenn ich so oft hinter geschlossenen Tueren zuhoeren musste wie sie ihrem Liebling Suessigkeiten zuschob und das Kind warnte „der Grossen“ nichts davon zu erzaehlen dann vergroesserte dies meinen Groll umsomehr. Der Name „die Grosse“ blieb mir solange Mutter und Vater noch nicht zu Hause waren. Trotz all dem war es leichter um Frieda rum zu sein denn sie liess uns Maedchen Kinder sein, nicht Roboten welche von Mutter gesehen doch nicht gehoert werden durften.
Es gab Zeiten wo Frieda wegen gewissen Streitigkeiten mit meinen Eltern zu andern Familien ueberging um dort zu wohnen und arbeiten obwohl nie sehr lange und nicht sehr oft. Dann aber musste unsere Mutter zu Hause bleiben bis sie neue Hilfe fand. Eine dieser Frauen entpuppte sich als eine junge Frau mit lesbischen Anlagen. Auch war sie etwas beduselt, man merkte ihr schon von weitem an dass da nicht alles stimmte. Sie kam gerade genesen von einem Tuberkulosenheim in unsere Familie und war die juengere Schwester Mutters Freundin. Eines Tages hoerte ich die zwei oder drei-jaehrige Monika wie am Spiess kreischen. Ich rannte ins Wohnzimmer und fand die Hilde auf dem kleinen Kind liegen und sich keuchend auf dessen kleinem Koerper zu waelzen. Dieses mir merkwuerdige Getue machte mir Angst und ich versuchte mit aller Kraft sie an den Beinen von Monika wegzuziehen und schrie dass sie aufstehen solle was dann endlich half. Als ich diesen Vorgang am Abend unsern Eltern erzaehlte wurde Hilde sofort entlassen und sie lief laut heulend aus unserer Wohnung.
Niemand wusste wo Frieda war und dann, eines Tages als ich vor dem Gebaeude spielte hoerte ich ueber mir dieses sich wiederholende „pssssssst…….“. Ich schaute auf und dort oben im vierten Stock hing Frieda halb aus dem Fenster und winkte mir froehlich zu um dann sofort ihren Finger an die Lippen zu halten um meinen Freudejubel zu daempfen. Sie war schon ein paar Wochen fort gewesen und niemand von uns hatte den geringsten Verdacht dass sie bei unserer naechsten Nachbarin wohnte also nur hinter der Wohnungstuer gegenueber unserer. Ich fluesterte zu ihr hinauf ob ich es den Eltern sagen duerfe und sie laechelte bejahend. Ich flog nur so die Treppen hinauf um diese Neuigkeiten an den Mann zu bringen. Noch am gleichen Abend sprachen Frieda und unsere Eltern miteinander und holten sie sogleich mit all ihren Habseligkeiten wieder zu uns rueber. Der Friede war wieder hergestellt und Frieda jammerte wie die Nachbarsfrau ihre zwei Buben verwoehne und weder Butter noch Kaese auf ihren Teigwaren dulde. Ah Friedali, wie Du Dein Essen liebtest. Es war klar dass weder die Nachbarin noch unsere Mutter je wieder ein Wort miteinander sprachen nach der Frieda Geschichte.